Die Haard (90) Die Fischteiche, Zeche "Wald II" und die Potthütte



Freitag,
04.08.2023

Kilometer
15,9

Höhenmeter
↑ 96 / ↓ 82

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Den meteorologischen Unkenrufen zum Trotz begab ich mich am frühen Morgen auf den Weg in die Haard. Und die ist bekanntlich immer für eine Überraschung gut. Denn am Abend zuvor hatte ich - inzwischen schon zum vierten Mal - in der bereits mehrfach erwähnten Lektüre über die Historie meines Lieblingswaldes gestöbert, und war dabei auf weitere spannende Geschichten zweier eigentlich schon bekannter Orte gestoßen. Nachdem mich dann heute früh die Buslinie 288 pünktlich an der östlichen Einmündung der Ahsener Allee abgesetzt hatte, konnte meine neue Entdeckungstour beginnen. 

1.) Die ehemaligen Ahsener Fischteiche

Als im Laufe des 19. Jahrhunderts die Marken in der Haard (hervorgegangen aus früherem Gemein-Eigentum) aufgeteilt wurden, hatte ein gewisser Freiherr von Twickel aus Havixbeck gut Lachen. Denn ihm waren dabei nicht nur 40 Hektar Moor- und Heideland zugefallen, sondern er konnte Dank seines Vermögens darüber hinaus auch gleich weitere Flächen anderer neuer Privatbesitzer erwerben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden dort gemäß seiner Idee die ersten künstlichen Fischteiche, was viele Arbeitskräfte in Lohn und Brot brachte. Und es wurden die Grundlagen für einen späteren Fischzuchtbetrieb für Forellen und Karpfen gelegt. 

Solange der Gernebach die Fischteiche mit ausreichend Wasser versorgte, ging die Sache gut. Doch in den 1960er  Jahren begann die Ergiebigkeit der Gernequelle nachzulassen, bis wenige Jahre später nur noch ein kleines Rinnsal übrig blieb und schließlich das komplette Versiegen der Quelle das Ende der Fischzucht besiegelte. So sind aus der früheren Teichlandschaft inzwischen Grasflächen geworden, die neuerdings mit Aubrac-Rindern beweidet werden. Deshalb ist zur Sicherheit auch ein früherer Pfad, der beidseitig von Bäumen und Buschwerk gesäumt war und mitten durch das Weidegebiet führte, abgezäunt worden und nicht mehr zugänglich. Stattdessen wird der Wanderer nun parallel davon über den nicht beweideten Teil der Wiesen geleitet. 

Ja, der Gernebach. Auch wenn er inzwischen kein Wasser mehr führt - den kleinen dschungelartigen Pfad, der sich auf nördlicher Seite dem früheren Bachbett entlangwindet, gibt es immer noch. Ich kannte ihn schon von mehreren Wanderungen, aber er wächst halt immer weiter zu. Trotzdem fand ich den Einstieg wieder und folgte dem Verlauf zwischen eng stehenden Bäumen, hochgewachsenem Farn und unzähligen Ranken hindurch. 

Was ich dagegen nicht mehr fand, war am westlichen Ende des Pfades die sogenannte "Kuschelbank" und der gleich neben ihr stehende und von mir so getaufte "Willkommensbaum". Weil nämlich seine markanten seitlichen Äste so nach oben ragten, als würde er mit erhobenen Armen jeden willkommen heißen, der sich an dieser Stelle zur Rast niederließ. Keine Spur mehr, einfach weg. Und auch die "Alte Buche", nur 300 Meter weiter südlich und für mich schon immer ein weiterer geliebter Ankerpunkt, hatte es seit meinem letzten Besuch schwer erwischt. Einer ihrer größten Äste ist abgebrochen und hat dabei ihren Stamm gleich bis ins Kernholz auf ganzer Länge aufgerissen. Es fällt schwer zu glauben, dass sich dieser Baum trotz seiner eindrucksvollen Gestalt davon noch mal erholen kann.

2.) Die Zeche "Wald II" und die Potthütte

Folgt man dem Erkenschwicker Weg in südliche Richtung, gesellt sich irgendwann links der "Rehgraben" zu ihm. Ein tiefer Graben, der bald darauf wieder abknickt. Biegt man nun am nächsten Pfad links ein, steht man kurz darauf vor der Nachbildung eines Stollenmundlochs, das die Ruhrkohle AG durch ihre Berglehrlinge wiederherstellen ließ. Gleich daneben trifft übrigens auch das Ende des Rehgrabens ein. 

Der Stollen geht auf die ehemalige Zeche "Wald II" zurück, nachdem im Jahr 1855 an dieser Stelle erstmals Braunkohle gefunden und ab 1860 gefördert wurde. Nur wenige Jahre zuvor war hier zudem eine Töpferei samt Dachziegelfabrik entstanden, weshalb bis heute mit etwas Glück noch Tonlinsen im Erdreich zu finden sind. Beides aber geriet nach Ende des Abbaus in Vergessenheit - weshalb nicht klar ist, wie lange der Ton- und Kohleabbau dauerte und in welchem Umfang er stattfand. 

Zurück in die Gegenwart, in der dieser historische Ort nun übrigens auch mit einer Infotafel samt Rastbank aufgewertet worden ist. Ich entschied mich nun noch für einen Abstecher zum nur wenige hundert Meter von hier entfernten Aussichtsturm auf dem Farnberg. Der Aufstieg auf den Berg gelang mir über einen direkten, aber dafür umso steileren Pfad, auf dem einem bei erheblichen Niederschlägen auch schon mal das Wasser entgegenfließen kann. Jetzt bestand in dieser Hinsicht aber keine Gefahr, denn die angekündigten Regenschauer und Gewitter waren ausgeblieben, und selbst die Sonne lugte von Zeit zu Zeit durch die Wolken. 

An dieser Stelle verwarf ich dann auch meine ursprüngliche Idee einer Rundtour, die mich zur östlichen Seite der Haard zurückgeführt hätte. Stattdessen ernannte ich Marl-Sinsen zu meinem heutigen Ziel und nahm dafür zunächst Kurs auf "Mutter Wehner". Das Waldlokal lag zwar genau auf meinem Weg, hatte, als ich es erreichte, aber noch geschlossen.

Wenig später konnte ich dann noch einer weiteren liebgewonnenen Riesenbuche einen Besuch abstatten, und dieser ging es augenscheinlich auch ganz gut. Was mir danach aber absolut missfiel, war die breite Schotterpiste, aus der ein früher so schöner sand- und wurzelreicher Wanderweg auf einer Länge von mehr als einem Kilometer "umgestaltet" worden war. Dazu vorne und hinten nagelneue Schlagbäume, die es zuvor überhaupt nicht gebraucht hätte - Irrsinn in Vollendung. 

Immerhin - die weiter westlich verlaufenden Pfade erwiesen sich glücklicherweise noch als intakt. Über sie gelangte ich auf den Haardgrenzweg, der mich wiederum bis nach Marl-Sinsen führte. Am dortigen Bahnhof beendete ich diese gelungene Tour nach 16 Kilometern.

Startpunkt: Bushaltestelle "Levener Fischteiche" (Datteln),
Zielpunkt: Bahnhof "Marl-Sinsen".